1. Startseite
  2. »
  3. Die 1100-Jahrfeier 1929

Die 1100-Jahrfeier 1929

Das Jahr 1929 wurde zum großen Festjahr für die Stadt. gefeiert wurde

  • 1100 Jahre Ersterwähnung (829) und 700 Jahre Stadt (1229)

Die Menschen hatten die letzten Jahre im Krieg und danach viele Entbehrungen, Nöte und Verluste hinnehmen müssen. Das Vereinswesen stand in hoher Blüte und die Bereitschaft mitzuwirken, war in hohem Maße gegeben. Dazu kam, dass mit Rektor Joseph Micus und dem Musiker Wilhelm Meinold zwei außergewöhnliche Personen bereit waren, große Vorarbeit zu leisten und ein Festspiel mit 125 Personen auf die Bühne zu bringen und ein Orchester für Konzertmusik (40 Musiker) zusammenzustellen. Die Vereine übernahmen beim Großen Umzug durch die Stadt die entsprechenden Wagen und Themen. Die Örtlichkeiten waren vorhanden, insbesondere eine moderne Stadthalle und Plätze in der Stadt.

Die ganze Stadt war festlich geschmückt. Das ausführliche Programmheft im Umfang von 48 Seiten kostete 50 Pfennig. Es ist im Internet hinterlegt (hier).  

Im Folgenden einige Stichworte über das Fest zu diesen Punkten:

Programm der Festwoche

  • Freitag, 31. Mai: 19.30 Uhr Zapfenstreich und Fackelzug
  • Samstag, 1. Juni: 13 Uhr Choralblasen / 18.30 Uhr Böllerschüsse, Glockenläuten / 19.30 Uhr Festspiel (1)
  • Sonntag, 2. Juni: 11 Uhr Festakt Stadthalle / 15 Uhr Großer Umzug / 19.00 Uhr Festspiel (2)
  • Montag, 3. Juni: 11 Uhr Promenadenkonzert / 13 Uhr Kinderfest / 20.30 Uhr Festball
  • Samstag, 8. Juni: 15 Uhr Festspiel (3) / 30.30 Uhr Kommers mit Unterhaltungskonzert
  • Sonntag, 9. Juni: 11 Uhr Ehrung Kriegsgefallene / 14 Uhr Sportveranstaltungen / 19 Uhr Festspiel (4)

Wegen des unbeständigen Wetters fielen die Veranstaltungen am Montag aus. Das Kinderfest wurde einen Tag später nachgeholt. Wegen der hohen Nachfrage für das Festspiel gab es eine weitere Aufführung am Montag, den 10. Juni. Vgl. Höxtersche Zeitung vom Anfang Juni 1929

Festakt und Ansprachen

Die festlich geschmückt Stadthalle (850 Plätze) fasst kaum die Gäste des Festaktes am Sonntag. Hochrangige Vertreter der Behörden, der Politik, der Kirchen und der Justiz waren angereist, um der Stadt ihre Ehre zu erweisen. Bürgermeister Jakob Müller eröffnete die große Veranstaltung.

  • Oberpräsident Gronowski als Vertreter der preußischen Staatsregierung. Brakel mit dem Nethegau könne auf eine großartige Geschichte zurückblicken, wo Völker gekämpft und die Bewohner große Not gemeistert haben und Märtyrer für die gute Sache gestorben sind. Nur durch Treue und Einigkeit sei auch das belastende Schicksal des Friedensvertrages von Paris von 1918 zu ertragen. Deutschland sei heute das wichtigste Bollwerk gegen die bolschewistische Überschwemmung, vor der gewarnt werden müsse. Zwei Männer hätten das Volk vor Zertrümmerung nach 1918 bewahrt: Friedrich Ebert (Reichskanzler) und Paul von Hindenburg (Reichspräsident). Sursum Corda – empor die Herzen- für das neue Deutschland, das sei der Leitspruch für die Zukunft.
  • Der bekannte Kunsthistoriker, Pater Dr. Beda Kleinschmidt, hielt die Festrede mit einem lebendigen Abriss der Geschichte Brakels.

Vgl. Höxtersche Zeitung v. 3. Juni 1929.

Großer Umzug

Der historische Festzug zeigt Bilder (Wagen) mit Motiven aus der langen Geschichte, darunter alte Geschichte, Kirche und Lateinschule, Handel und Innungen der Stadt. Das Verkehrswesen, die Feuerwehr, die Schützen sind natürlich ebenso präsent wie das Orchester in Tracht der Lützower Jäger. Die Kostüme des Zuges kamen aus Hagen. Der Zug führte zu den vier Stadttoren der Stadt, die als Attrappe wieder aufgebaut waren.

Folgende Vereine waren beteiligt:

  • Reiterverein; DJK, TV, Jünglingsverein, Jungfrauenverein, St. Josefsverein, Arbeiterverein, Landwirtschaft, Rektoratschule, Kaufmannschaft und Innungen, Schützen, Freiwillige Feuerwehr, die Postverwaltung

Das Festspiel  

Das große „Heimatfestspiel ‚O Brokel, Du bis ehrenprys'“ behandelt die Episode aus dem Dreißigjährigen Krieg, als der Erzengel Michael zusammen mit dem Schützen die Stadt auf wundersame Weise vor der Belagerung und Zerstörung durch die Schweden geschützt hat. In fünf Bildern (Szene) wird die Geschichte erzählt, begleitet und dramatisch erhöht durch eine Orchester mit Chor, ein seltener, erlesener Genuss für Seele, Ohr und Auge!, schreibt die Höxtersche Zeitung v. 3. Juni 1929.

Literatur

  • Festspiel Brokel, du bis ehrenpryß. Text und Dokumente der Aufführung (…) im Juni 1929. Brakeler Schriftenreihe, Heft 8 vom Dez. 1992, zusammengestellt von Bernhard Junker. Daraus diese weiteren Anmerkungen

Das Manuskript mit Partitur befanden sich im Nachlass des Wilhelm Minhold und wurden von dem Sohn in Münster der Stadt Brakel übergeben. Ortsheimatpfleger Bernhard Junker hart die Unterlagen zusammengestellt und eine Einführung geschrieben. Zwei Artikel am Schluss geben das knappe Presse-Echo des Brakeler Anzeigers zum Singspiel wieder: v. 03.06.1929 und v. 12.06.1929.

In der Einführung schreibt Bernhard Junker vom Heimatverständnis der Zeit um die Jahrhundertwende, das auf Brauchtum, Bürgersinn, Heimatliebe setzt und sie alten Glanzzeiten des Nethestädtchens überhöht. Religion und konservative Grundhaltung sind darin verflochten.

Texte und Drehbuch stammen von Josef Micus (1881-1971, Rektor der kath. Volksschule und Ehrenbürger der Stadt Brakel). Die Dialoge sind in Versform in der Diktion Friedrich Wilhelm Webers gefasst (vgl. Epos Dreizehnlinden). Der Prolog umfasst 16 Verse, es folgen 60 Textseiten insgesamt. Mit den handschriftlichen Anmerkungen des Chormeisters und Oberlehrers Wilhelm Meinhold (1893-1969, davon 1920-59 Musiker in Brakel).

………………………………………………..