Schriftenreihe Heft 13 (1997) Auswanderer 19. Jh.
Wirtschaftliche Situation im 19. Jahrhundert war zunächst sehr schwierig. Mehrere Jahre gab es ausgesprochenen Missernten, eine Armenküche war viele Jahre im Kapuzinerkloster eingerichtet. Massenarmut (!), wirtschaftliche Not, aber auch Wegfall von Handwerk im Zusammenhang mit der Industrialisierung und eine nicht geringe Zahl nachfolgender Bauernsöhne. In der Stadtchronik heißt es lapidar: „Könnte man auf dem Landwege nach Amerika kommen, so würde die Hälfte der Bevölkerung Brakel dorthin auswandern„. Viele suchten einer besseren wirtschaftlichen Existenz und neuen Freiheiten. Die Werbeagenturen sprachen von billigem Boden und hoher Produktivität. Aber die Kosten der Überfahrt waren erheblich.
Die Auswanderer hatten erst eine abenteuerliche Überfahrt im engen Schiff vor sich und es erwartete sie ein entbehrungsreicher Anfang. Die nachfolgenden hatten es etwas leichter, sie suchten die Gemeinschaft derer, die schon vorher aufgebrochen waren. Im einst gesetzlosen „Wilden Westen“ mit Chicago und St. Louis hatten sich bekanntlich viele Deutsche angesiedelt. Es gab sogar Gemeinden mit Gottesdienst in deutscher Sprache. Davon berichtet der in Brakel geborene Eggepater Dr. Beda Kleinschmidt in seinen Reiseberichten um 1929, die von den Zeitungen abgedruckt wurden und über die er, wieder zurück, mehrfach Vorträge hielt mit Lichtbildern. Er sprach mehrfach mit Brakelern, die ihm Grüße an die alte Heimat mit auf den Weg gaben. Über ihre berufliche Situation und Fortkommen berichtet er nichts.
Schriftenreihe Heft 13 (1997) Auswanderer 19. Jh.
- Im Heft wird von den Hauptwellen 1845 und 1857 berichtet, dann von weiteren Auswanderungen aus Brakel bis 1894. Es wird die Zahl von bis 300 Personen genannt, das waren ca. 10 % der Einwohner, wobei ein Teil aus den zugehörigen Orten wie Riesel kommt. Natürlich ist das auch für die wirtschaftliche Entwicklung einer Stadt nicht förderlich, wenn ein aktiver, unternehmungsbereiter Teil der jungen Generation ab- oder auswandert.
- Anmerkung: In einer Grafik des Westf. Heimatbundes von ca. 2020 wird die Anzahl der Auswanderungen in Westfalen-Lippe mit Kugeln dargestellt. Danach erreicht Borgentreich über 1000. Über 300 (-1000) sind es in Brakel, Höxter, Warburg und Willebadessen. Unter 300 bleiben Bad Driburg, Marienmünster, Nieheim und Steinheim.
- Eine Auswanderung war von vielen viele Formalitäten und Genehmigungen begleitet und erforderte die Mitwirkung von Agenten (Werbern). Genannt werden die Agenten: Elias Vogt, David Ostheim (Kaufmann) und Philipp Rustemeyer (Versicherungsagent, Sohn des Posthalters).
- Von dem erfolgreichen Rückkehrer Hermann Adolf Scheidt wird berichtet.
- Ein Briefwechsel von Josef Potthast (geb. 1802 ) aus dem Jahr 1858 ist auf ca. 10 Seiten wiedergegeben. Der Aussiedler stammt aus der Familie Potthast in Feldtokansen, einem Pachthof der Stadt in einer Waldinsel des Modexer Waldes.
Literatur
- Dr. Herbert Engemann (1997): Wirtschafts- und Militärflüchtlinge aus Brakel – Ein Beitrag zur Auswanderung im 19. Jahrhundert. Brakeler Schriftenreihe, Heft 13
(2025-03)