Sechs Sonderzüge mit Ostvertriebenen 1946 am Bahnhof Brakel

Der Abschnitt beleuchtet die Abschnitt der Jahre um 1945, als Evakuierte, dann Ostvertriebene (Flüchtlinge) und weitere Personengruppen im Kreis Höxter Zuflucht suchten.

Ab Anfang März 1943 begann der Bombenkrieg auf das Ruhgebiet. Viele Evakuierte aus dem Ruhrgebiet suchten Zuflucht auch in Brakel, im ländlichen Raum. Die Rückführung zog sich bis nach dem Krieg hin. Die Wohnraum Situation war bereits sehr angespannt, die Dörfer überfüllt, als die Sonderzügen mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten, besonders aus Schlesien in den Kreis Höxter kamen.  

Die folgenden Abschnitte sind angelehnt an das Heft Steinheim 2021 über die Ankunft der Ostvertriebenen [1]. Es folgen Ergänzungen aus der Chronik Brakel [2].

1946: Die Ankunft der Flüchtlinge im Kreis Höxter

Am 1. Mai 1946 traf der erste Vertriebenentransport in Brakel ein. Dort war die zentrale Auffangstelle für den Kreis Höxter eingerichtet. In Schulen und in Sälen wurden die Ankommenden für ein bis zwei Tage untergebracht und versorgt. Nach den furchtbaren Erlebnissen der Vertreibung wurden sie hier herzlich begrüßt, bekamen Essen, ein Dach über dem Kopf und ordentliche Toiletten. Einige Senioren kamen ins Altersheim, Kranke wurden ärztlich versorgt oder ins Krankenhaus eingewiesen. Dann erfolgte ihre Verteilung auf die Städte und Dörfer des Kreises. In der Regel begann ein neuer Leidensweg. [1]

Die Stadt Brakel wird mit der Stadthalle Auffanglager für Gestrandeten. Die Caritas übernimmt die Erstversorgung. Leiter der Hilfsaktion ist Georg Briel. In Brakel bleiben ca. 2.000 Personen. [2]
Auch das eh. Kapuzinerkloster ist Flüchtlingslager. Daraus entwickelt sich zum Jahresende 1946 das Altenheim für Ostflüchtlinge, betreut durch die Vincentinerinnen aus Paderborn. [2]

In Sonderzügen kamen nach Brakel

  • Der 1. Transport kam am 1. Mai aus Breslau (1.500 Personen). In 10 Waggons und 10 Gepäckwagen [2]
  • Der 2. Transport kam am 15. Mai aus Waldenburg (1.500 Personen). Darunter 300 Bibelforscher, die teilweise im KZ interniert waren [2]
  • Der 3. Transport kam am  16. Mai. Aus Neustadt in Oberschlesien (1.480 Personen)
  • Der 4. Transport kam 40. Mai (1.296 Personen)
  • Der 5. Transport kam am 18. August (1.768 Personen
  • Der 6. Transport kam am 3. Oktober (1.578 Personen)

Anzahl Personen und weitere Zahlen

  • In der Summe: 9.602 Personen (23 % Männer, 52 % Frauen, 25 % Kinder)
  • Nach Religion: 54 % evangelisch, 42 % katholisch, 2,5 % Sonstige
  • 1947 (1. August) = 16.089 Flüchtlinge im Kreis Höxter, das waren 19 % Bevölkerungsanteil.
  • Untergebracht in 4.000 „Räumen“ ( 4 qm je Person).
  • Reibungspunkte bildeten Toiletten, Heizung, Strom

Es folgten im Nov./Dez. zwei Umquartierungszüge aus dem Raum Lüdenscheid mit 599 Personen. – Die Chronik Brakel spricht von 300 (1. Dez. aus Lüdenscheid) und 300 (15. Dez. weitere Flüchtlinge).

Stichworte zur weiteren Entwicklung

  • Eine große Binnenwanderung setzt ein, es geht insbesondere um Arbeitsplätze.
  • 1952 Lastenausgleich als Konjunkturprogramm
  • 1975 = 18.500 Ostvertriebene (einschließlich DDR)

Johannes Waldhoff sieht die die Kirchen als Integrationsfaktor Nummer Eins, er weist darauf hin Beitrag zum wirtschaftlichen gesellschaftlichen und kulturellen Leben und erinnert daran, dass die Gründe für diese Entwicklung „einzig und allein im Nationalsozialismus und der zunehmenden Verblendung des deutschen Volkes“ lagen (Zitat von Werner Klein, Buch 2015).

Literatur

[1] Nr. 74 (2021) Johannes Waldhoff
Verlorene Heimat – Evakuierte, Flüchtlinge, Ostvertriebene. Reihe: Mitteilungen des Kulturausschusses der Stadt Steinheim, Heft 74 (1921), 18 Seiten

[2] Chronik Brakel, handschriftlich. Band mit Jahren 1864-1973. Stadtarchiv Brakel.