Wasserversorgung

Die Achterbahn-Fahrt zur eigenen Trinkwasserversorgung


Bis 1904 der Trinkwasserbehälter auf dem Hembser Berg gebaut wurde [1], waren 24 Jahre Diskussion um die geeignete Quelle für das Wasser vergangen, ohne einen Entschluss zum Bau zu fassen. Erst als sich der Regierungspräsident einschaltete, kam es zu einer zeitgemäßen Anlage. Das war kein Ruhmesblatt für die damaligen Verantwortlichen.

Rückblick:

Vom Feuerteich führten zwei Kanäle (offene Gräben) durch die Stadt zur Entwässerung. Das Wasser kam vom Meierbach bzw. vom 3 km entfernten Meierbrunnen im Annenfeld. In den Jahren 1885-89 fielen die Teiche trocken, weil kein Wasser mehr nachkam. Das war „ein Umstand, der sowohl in sanitärer wie in feuerpolizeilicher Beziehung zum Nachdenken und deshalb zur Frage Anlass gab  […] die Wassermenge des Meierbrunnens wieder zu vergrößern“ [2].


Die Suche nach ausreichend Wasser

1890 Der Wasserwerksdirektor Dißelhoff aus Hagen wird mit einem Gutachten beauftragt. Er versuchte durch eine Bohrung den Wasserfluss der Meierbachquelle zu vermehren. Da aber die Höhe über der Stadt nur 16 m beträgt, würde der Druck für eine Wasserleitung nicht ausreichen. Er schlug vor, das Grundwasser an der städtischen Schafwäsche zu nutzen. Durch ein Wehr könne zusätzlich eine Turbine betrieben werden, die das Wasser in ein auf die Höhe zu bauendes Wasserreservoir beim Hembser Berg pumpen würde. Das war teuer und die Frage der jährlichen Hochwasser war nicht beachtet worden.

1892 gab es einen neuen Vorstoß, das Wasser des Heberbaches (Heberborn) zu nutzen. Wasserwerksdirektor Dißelhoff prüfte auch die Frage, ob das Wasser vom Bollerborn (im Flechtheimer Wald bei Istrup) zu nutzen sei. Das wurde wegen der großen Entfernung wieder verworfen. Also vom Heberbach solle das Wasser kommen, der immerhin 30 m über den Bahnhof Brakel lag und eine ausreichende Wasserführung habe. Die Stadtverordnetenversammlung fasst den ‚Beschluss, die Leitung durch „außerordentliche Holzeinschläge“ [2] zu finanzieren. Der dem Verfahren notwendige Regierungspräsident in Minden bremste die Erwartung und forderte eine Betriebsplan, ob der Einschlag nicht die Leistungsfähigkeit des Stadtwaldes übersteige. Tatsächlich kam ein Revisionsplan zur Erkenntnis, die Holzentnahme sei nicht möglich, lediglich “ein größeres Quantum Derbholz zum jährlichen Einschlag“ [2, S. 41] könne genehmigt werden.

So kam der Meierbrunnen erneut ins Spiel und der Ingenieur und Quellenfinder Paul Horra aus Naumburg/Saale wurde hinzugezogen. Die Meierbachquelle wurde gereinigt und ein 21 tiefes Bohrloch sollte die Wassermenge vergrößern. Dazu wurden auch Teilbereich der Anlage mit einer 40 cm starken Mauer umfasst. Die Wassermenge stieg tatsächlich, aber nicht nachhaltig. Nach einem Jahr wurde nur die ursprüngliche Wassermenge von ca. 3,75 Sekundenliter erreicht. Diese Maßnahmen seien jedoch nicht ganz nutzlos gewesen, bilanziert Bürgermeister Koberg 1901: Seitdem seien die Feuerteich nicht mehr ausgetrocknet.

1896 Ingenieur Pfeffer aus Halle an der Saale, der Erbauer der Wasserleitung in Höxter, bringt wieder die Heberbachquelle ins Spiel und beziffert die Entfernung für die Leitung auf 4,28 km. Das sei günstiger, „als wenn man auf die unmittelbar vor der Stadt gelegene frühere Northeim‘sche Wiese Brunnenanlege und das Pumpwerk durch eine nur für diesen Zweck bestimmte Dampfmaschine betreibe.“ [2, S. 41] . Die Stadtverordnetenversammlung folgt dem Vorschlag und hofft, „dass die Verhandlungen mit dem Grafen v. Bocholtz-Asseburg, dem Besitzer der Quelle, wegen Überlassung der Quelle ein befriedigendes Ergebnis liefern würden […].“  Die Forderungen des Grafen waren für die Stadt „unannehmbar. Er forderte

  • eine jährliche Prämie von 300 Mark
  • die Entnahme von Wasser für die Hinnenburg und für
  • die Ökonomie des Schäferhofes

und zwar für die „Dauer des Bestehens der Wasserleitung, mit anderen Worten auf ewige Zeiten“.


Der neue Weg: die Kombination Wasserwerk und elektrische Pumpen

1897 Die Stadtverordnetenversammlung fast den richtungsweisenden Beschluss, das Elektrizitäts- und das Wasserwerk miteinander zu verbinden. Das Wasser der Northeim’schen Weide (heute: Gelände Supermarkt Combi) solle in einen Behälter am Hembser Berg gepumpt werden. Die Bohrung von 8,4 m Tiefe brachte ausreichend Wasser, doch die bakteriologisch Untersuchung durch die LUFA Münster (landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt) fand sehr viele Bakterien. Das war nicht verwunderlich aufgrund der Nähe zur Stadt und der geringen Bohrtiefe.

1899 bekam die Wasserfrage neue Fahrt durch die Typhus-Erkrankung einer Familie “in der Unterstadt“ mit einem Todesfall. Der Brunnen in der Nähe der Neustadt sei nicht tief genug, stelle der hinzugezogene Kreisphysikus fest.

1900 lehnte die Stadtverordnetenversammlung die Vertiefung der Bohrung, ein zweites Bohrloch vor dem Ostheimer Tor und den Bau einer Wasserleitung ab. „Der Herr Regierungspräsident verlangt jedoch nunmehr die Anlage einer Wasserleitung, weshalb binnen kurzem […] ein endgültiger Beschluss gefasst werden wird.“


Die Wasserversorgung heute

Hier endet die Beschreibung von Bürgermeister Koberg und auf den Druck von oben nehmen die Dinge endlich ihren Lauf: Eine Wasserversorgung für die Stadt, die den Anforderungen der Zeit entspricht. Das Wasser kam aus den Brunnen im Ostheimer Feld und wurde die in zwei Hochbehälter beim Hembser Berg und Galgenberg gepumpt.  

Später wurden über eine Ringleitung alle Brakeler Orte untereinander verbunden, um vereinzelt auftretenden Nitratproblemen aus dem Weg zu gehen. Weitere Behälter stehen in Bökendorf, Erkeln, Gehrden Frohnhausen, Hampenhausen, Riesel. Schmechten.

2023 geht der neue Hochbehälter am Hembser Berg mit einem Volumen von 5.000 cbm und Baukosten von 3,8 Mio. Euro ans Netz und verbindet. Für die neue Erschließung müssen noch einmal ca. 1,5 Euro in die Hand genommen werden.

Literatur

[1] Hermann Hoffmeister (1979): Baugeschichtliche Entwicklung der Stadt Brakel. In: Brakel 829-1229-1979 (Jubiläum 1150 Jahre), S. 37-42

[2] Julius Koberg (1901): Bericht über die Verwaltung der Stadt Brakel. Druck Emil Ruthe Brakel 1901