Pfarrer Pabst, die Bekennende Kirche und die Folgen (1934/35)
Im Januar 1934 kam mit Karl Artur Pabst (1903-70) ein junger Pfarrer in die Gemeinde. Er war beseelt vom Geist der Bekennenden Kirche (BK). Das ist eine Gruppe der Deutschen Evangelischen Christen (DEK). Mehrheitlich finden sich die Evangelischen Landeskirchen bei Deutschen Christen (DC) mit dem Reichsbischof Ludwig Müller, einer Gruppierung, die sich offen dem Nationalsozialismus anbiederte und kollaborierte (!).
Im Gegensatz zu diesen beriefen sich die Anhänger der Bekennenden Kirche ausschließlich auf die Bibel und auf Jesus Christus. Die ‚Barmer Erklärung‘ von 1934 hat den Geist des Widerstandes gegen Hitler und das Nazi-Regime publik gemacht, auch wenn auch die Bewegung ausdrücklich unpolitisch sein wollte. Wer sich doch in diesem Sinne äußerte, wurde in ‚Schutzhaft‘ genommen wie Dietrich Bonhoeffer, Mattin Niemöller und andere.
Das Konflikt in Brakel begann mit dem neuen Pfarrer, der ein vehementer Anhänger der BK war und einem vierköpfigen Presbyterium gegenüberstand. Einer davon war ein glühender Anhänger der NS-Bewegung. Im Oktober 1934 wurde eine Erklärung und eindeutige Stellungnahme verfasst, die sich gegen die offizielle Kirche der Zeit stellte. Dieser Erklärung stimmte auch der NS-Parteimann schließlich doch zu.
In der Erklärung, die öffentlich in der Kirche verlesen wurde, heißt es:
Die derzeitige Reichskirchenregierung unter Führung der Herren Müller (Landesbischof) und Jäger hat den Boden der Heiligen Schrift und der Bekenntnisse unserer Väter im Glauben verlassen; denn sie duldet eine Entstellung und Fälschung der biblischen Botschaft … Vielmehr unterstehen wir uns der Leitung der Bekenntnissynode der deutschen evangelischen Kirche, gegründet auf Gottes Wort nach den Bekenntnissen der Reformation, da Jesus Christus der alleinige Herr und Meister der Kirche ist.
Die Erklärung wurde im Gottesdienst verlesen und öffentlich bekannt gemacht. Im weitergehenden Glaubenskrieg innerhalb der Gemeinde verhärteten sich die Fronten. Der Pfarrer verhängte gegen Gemeindemitglieder den ‚Kirchenbann‘, später korrigiert in ‚Kirchenzucht‘.
Das alles konnte den höheren Stellen nicht länger verborgen bleiben. Eine Strafanzeige von Anfang April 1935 brachte die Angelegenheit des Kirchenstreits ins Rollen. Die Behörden waren Behörden Landrat, Regierungspräsident, Gauleiter und das ev. Konsistorium in Münster. Pfarrer Karl Artur Pabst bekam noch im April 1935 Redeverbot für Gottesdienst und Bibelstunden. Man einigte sich dann auf einer Versetzung in eine andere Gemeinde. Das evangelische Konsistorium stimmte dieser Lösung zu, auch ‚um den Pfarrer vor sich selbst zu schützen‘. Später scheint es keine weitere Differenzen in der Kirchengemeinde gegeben zu haben.
Ein posthume Ehrung fand die Affäre doch noch in Brakel: Eine Nebenstraße der Straße Am Meierbach erinnert an die Episode der Brakeler Erklärung 1934 und das offene Eintreten eines Pfarrers in der finsteren Zeit des Nationalsozialismus. Das Ereignis und die Person waren ein Bekenntnis zum christlichen Glauben in finsterer Zeit.
Hinweis: Es gab noch weitere Helden der Kirchen in dieser Zeit, die mutig und standhaft blieben in der Zeit der Verfolgung (hier).