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Bohlenweg/Ringstraße: Kleinsiedlung 1938 und Siedlungsgesellschaft 1950

Der Name „Bohlenweg“, die Straße vom Feuerteich in die Feldflur Westerlindenfeld und nach Riesel, leitet sich ab von dem feuchten Untergrund und dem feuchten lehmigen Boden, das eine Passieren unter nassen Bedingungen nur mit Hilfen wie Bohlenbrettern über die untiefen Stellen ermöglichte. Vgl. auch Name „Faulensieksweg“.

Baubeginn 1919

Der ersten Häuser entstanden nach dem Ersten Weltkrieg im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für Kriegsheimkehrer. Dabei wurden erste Häuser am Anfang des Bohlenwegs und der Seitenstraße Am Teich gebaut. – Näheres ist im Moment nicht bekannt.

Siedlungsprojekt 1938

Große Flächen am hinteren Bohlenweg waren im Besitz der jüdischen Familie Flechtheim (vgl. Bebauungsplan 1914). Die Verfolgung und Entrechtung jüdischer Einwohner ist weit fortgeschritten und es ist zu vermuten, dass das Land von der Gemeinde für öffentliche Bauvorhaben eingezogen wurde zu einem geringen Kaufpreis. Nach dem Krieg mussten Siedler eine Nachzahlung leisten für das erhaltene Eigentum an die Erben Flechtheim.

So ein Siedlungsprojekt passte in die damalige Zeit des Aufbaus für Familien, zur Eigenversorgung mit Lebensmitteln und es wurde durch Propaganda überhöht, wie die beiden folgenden Berichte zeigen:

Bericht über Erfolge der Siedlungspolitik 1938

Das danken wir dem Führer“ vom 6. April 1938 (Brakeler Anzeiger v. 6. April 1938)

[…] In dem Landstädtchen Brakel ist das Baugewerbe ein wichtiger Erwerbszweig geworden. Mit der Sicherheit der Volksgenossen wächst die Sehnsucht nach eigenem Grund und Boden, nach dem Eigenheim. Wie ein Kranz hat sich um den Stadtgürtel in den letzten 5 Jahren ein Haus an das andere gereiht. Viele Bauanträge liegen noch vor. Den größten Bestandteil bildet die Klein- und Eigenheimsiedlung am Bohlenweg, zu der am Samstag der erste Spatenstich in die Erde senken wird. Es wird im nationalsozialistischen Geist ein Gemeinschaftswerk entstehen und zum Wohle vieler Brakeler Familien. […] 26 Siedlungshäuser und 11 Eigenheim werden schon im Herbst frohe Menschen und eine besonders glückliche Kinderschar sehen.

Quelle: Buch 1988 (Engemann, Ulrich: Nationalsozialismus und Verfolgung in Brakel, S. 23-24)

Es ist im weiteren Reden von den großen Arbeitgebern der Stadt, der Sperrholzfabrik Becker, dem Westfälischen Metallwerk Franz Schneider (heute FSB) und der Wäscheklammerfabrik.

„Der Nationalsozialismus hat es verwirklicht“ (Brakeler Anzeiger v. 20. April 1938, Führers Geburtstag)

Der erste Spatenstich zur Klein- und Eigenheimsiedlung in Brakel ist getan […]

Heute ist in Brakel das Siedlungsgelände vermessen, die Bauplätze sind abgesteckt. Am Samstagnachmittag kamen die Siedler und Eigenheimanwärter zusammen. – – … Verlosung der Siedlerstellen .. Anmarsch feierlichen im Zug mit Musik .. einzelne Hausstellen schon markiert auf dem „Anger“ … Flaggenhissung, Ortsgruppenleiter Parteigenosse Kruse mit Kernspruch … Bürgermeister Müller spricht von einem feierlicher Akt.26 Kleinsiedlungsbauten und 8 Eigenheime größtes Projekt im Kreis Höxter.

Über die Ausführung der Siedlung sprach der planende und bauleitende Architekt Allerkamp und zur Finanzierung . Zum Schluss der eindrucksvollen Feier erklangen die nationalen Weihelieder aus dankbaren Herzen.

Quelle: Buch 1988 (Engemann, Ulrich; Nationalsozialismus und Verfolgung in Brakel, S. 25)

Über dieses Großprojekt gibt es sicherlich weiter Dokumente im Stadtarchiv bzw. Kreisarchiv. Viele Häuser am Bohlenweg (und der Ostdeutschen Straße) verfügen heute über relativ große Gärten. Mehrere haben heute noch ein größeres Nebengebäude, das damals für Kleinvieh und Gerätschaften zum Gartenbau vorgesehen war. – Gleiches gilt für für die Michaelstraße und Stegbrede im Westen Brakels.

Die Bau- und Siedlungsgesellschaft baut ab 1950 weitere Häuser, auch Mehrfamilienhäuser

Das Gebiet Ringstraße und Wohngebiet Brakel-West wird 1950 weiter erschlossen für Wohnraum für Evakuierte und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Durch die „Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgesellschaft für den Kreis Höxter“ werden viele Kaufeingenheime gebaut (Reihenhäuser) und Mehrfamilienhäuser. Wenige Reihenhäuser und die größeren Mehrfamilienhäuser sind bis heute im Eigentum der Gesellschaft und werden durch diese vermietet, gewartet und gepflegt (Außenanlagen).

Solche Gebäude finden sich in der Ringstraße, Am Meierbach , in der Rudolphistraße und am Heinefelder Weg (Heineberg). Es war eines großen Bauvorhaben der Gesellschaft. Insgesamt wurden im Kreis mit Kaufeigenheimen über 3.500 Wohnungen geschaffen und 125 Mehrfamilienhäuser gebaut. Das war der wichtigste Schritt in die Normalisierung des Lebens nach dem Krieg.