Drei Fälle von Terror und Hetze des NS ab 1933 in Brakel

Im Buch Engemann (1938) sind im Kapitel „Verfolgung“ drei Fälle dargestellt, die exemplarisch deutlich machen, welches Spiel ab 1933 gespielt wurde. Diese Fälle geben Einblick in die Einschüchterung (Terror)  und die Brutalität des Regimes von Anfang an.          

Fall 1: Boykott jüdischer Geschäfte 1933 (S. 104)

Aufgrund von Gräuel- und Hetzpropaganda im Ausland über den Umgang mit Juden in Deutschland werden Boykott-Aufrufe und Maßnahmen durchgeführt. Die SA und SS stehen vor den Geschäften am 1. April 1933 (und später?). Von Unbekannten wurden Schaufensterscheiben jüdischen Geschäfte mit Farbe beschmiert.

Fall 2: Drei Jahren Zuchthaus für Rassenschande (S. 105)

Der Name Richard Flechtheim findet sich 1936 in einer Liste der wegen Rassenschande Verurteilten. Er kehrte nach Verbüßung Zuchthausstrafe nicht mehr nach Deutschland zurück. Das Strafmaß betrug drei Jahre, das nur für eine weitere Person von ca. 30 Personen angegeben ist. Richard Flechtheim war mit Elli Liebenberg verheiratet, der Hinweis wird im Buch noch gegeben (S. 89). – Nach dem NS-Rassegesetz waren sexuelle Beziehungen zwischen Juden und Christen bzw. „Deutschblütigen“ ab 1935 verboten. Diese Regelung trug zur sozialen Ausgrenzung der jüdischen Einwohner bei. Auch durften Juden und Christen nicht unter einem Dach wohnen, wie dokumentiert ist.

Fall 3: Misshandlung Lobbenberg im April/Mai 1933 (S. 108-109)

Wie rabiat und brutal die NS auf andere Meinungen reagiert zeigt der Fall, der durch eine Anklage beim Landgericht Paderborn 1946 aktenkundig wurde. Ein in die USA ausgewanderter Nachkomme des Lobbenberg (vermutlich Julius Lobbenberg, Viehhändler) hatte Strafantrag gegen drei Personen in Brakel gestellt: Gegen die beiden mutmaßlichen Schläger und den Ortsgruppenleiter. Der Ortsgruppenleiter konnte sich sofort aus der Affäre entziehen und auf die Täter verweisen. Die Täter äußerten, dass sie nur unter massivem Druck und Einschüchterung die Tat ausführten. Sie wurden schließlich zu 7 Monaten Haft verurteilt.     

Was war passiert? Der 1905 geborene Lobbenberg hatte für andere vernehmbar bei einem jüdischen Metzger gesagt, „Dieses Messer solle man eigentlich der SA vor den Kopf schlagen“. Ergänzend gemeint war: statt damit Tiere zu schächten bzw. zu betäuben, wie es damals schon Vorschrift war. Die Tat (Verhaftung und Misshandlung) spielte sich mitten in der Stadt ab (Hanekamp/Markplatz). Die Schreie des Opfers der Schläge mit einem Schlagstock über den ganzen Körper waren unüberhörbar. Das Opfer starb 1938 an den Folgen der Misshandlung gestorben.

Es gab mehrere Zeugen und der Stadtpolizist als Vertreter der Staatsgewalt stellte auf Veranlassung von Bürgermeister Müller Strafantrag, der bis Berlin in die SA-Zentrale ging. Denn der SA-Führer hatte seine Leute antreten lassen und zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet. –  Weitere Unterlagen sind im Buch 1988 nicht herangezogen oder nicht vorhanden.